Mieterinformation

Eigenbedarf- für wen darf er geltend gemacht werden?

Nach dem Gesetz können Vermieter Mietern, die pünktlich und vollständig die Miete zahlen und sich auch sonst im Mietverhältnis nichts zu schulden kommen lassen, nur kündigen, wenn berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses besteht.

Hauptanwendungsfall ist hier der Eigenbedarf nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Danach dürfen Vermieter kündigen, wenn sie die Wohnung für sich selbst, für Haushalts- oder Familienangehörige benötigen. Mit der Frage, welche Personen zum Kreis der Familienangehörigen gehören, hat sich jüngst der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe beschäftigt.

Grundsätzlich gehören zu den Personen, für die Eigenbedarf geltend gemacht werden kann, alle Familienangehörigen, die nach dem Gesetz ein Zeugnisverweigerungsrecht haben, wie es in § 383 ZPO und § 52 StPO geregelt ist - und zwar unabhängig davon, ob eine enge persönliche Bindung zu dem Vermieter besteht. Dazu zählen neben Verlobten alle, die mit dem Vermieter in gerader Linie verwandt oder verschwägert sind, sowie jene, die in der Seitenlinie bis zum 3. Grad verwandt oder bis zum 2. Grad verschwägert sind oder waren. Neben Eltern und Kindern von Vermietern zählen also auch Geschwister, Ehepartner, Enkelkinder, Schwiegerleute, leibliche Nichten und Neffen sowie Schwager oder Schwägerin zu den begünstigten Personen.

Auch für entfernte Verwandte, die kein Zeugnisverweigerungsrecht haben, galt nach der Rechtsprechung bislang, dass Vermieter Eigenbedarf geltend machen dürfen - unter der Voraussetzung, dass zwischen ihnen und den Angehörigen eine besonders enge persönliche oder soziale Bindung besteht. Mit Urteil vom 10. Juli 2024 (BGH VIII ZR 276/23) hat der BGH unter diese weite und für Mieter ungünstige Auslegung des Eigenbedarfs einen Schlussstrich gezogen. Er entschied, dass entfernte Verwandte, wie Cousins oder Cousinen, die kein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 ZPO oder § 52 StPO haben, nicht zum privilegierten Personenkreis nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB gehören, selbst wenn eine enge persönliche Bindung zu den Vermietern besteht. Sprich, letztere dürfen laut BGH nicht mehr für entfernte Verwandte ohne Zeugnisverweigerungsrecht wegen Eigenbedarfs kündigen, selbst wenn diese ihnen sehr nahestehen. Dieses Urteil ist zu begrüßen, da es zu mehr Rechtssicherheit führt. Der Begriff des Familienangehörigen wird nun allein objektiv nach dem Bestehen eines Zeugnisverweigerungsrechts bestimmt. Die oftmals streitanfällige Frage, ob zwischen Vermietern und entfernten Verwandten eine enge Bindung besteht oder nicht, spielt keine Rolle mehr.

Unabhängig davon, wie die Rechtmäßigkeit der Eigenbedarfskündigung einzuschätzen ist, sollten Mieter immer prüfen, ob für sie oder Angehörige ein Härtefall vorliegt. Dann kann bei rechtzeitigem Widerspruch gegen die Kündigung trotz möglicherweise wirksamer Kündigung das Verbleiben in der Wohnung vom Gericht angeordnet werden. Mögliche Hintergründe können sein: fehlender angemesssener und zumutbarer Ersatzwohnraum, hohes Alter, Gebrechlichkeit, Pflegebedürftigkeit, psychische oder gesundheitliche Gefahren, Verwurzelung, Armut wegen geringen Einkommens, Armut wegen Arbeitslosigkeit oder anderer (vorübergehender) Schicksalsschläge, Krankheit, Schwangerschaft, Umschulungsschwierigkeiten für Kinder, Prüfungssituationen, berufliche Nachteile oder sonstige wirtschaftliche Folgen der Kündigung. Der Widerspruch muss schriftlich erklärt werden und den Vermietern grundsätzlich spätestens zwei Monate vor Ablauf der Kündigungsfrist zugegangen sein, wenn jene auf das Widerspruchsrecht hingewiesen haben.